Unser Alltag in der Corona-Zeit – Rückblick & Tag 65

Wahnsinn! Seit dem 13. März 2020 sind M, Prinz, L und ich zu Hause. Das sind mittlerweile 65 Tage.

Am 13. März 2020 hatte Ls Kindergarten einen Schließtag, da die Erzieherinnen an einer Fortbildung teilnahmen. Morgens war ich mit L zur U8 bei der Kinderärztin. Bereits am Nachmittag wurde bekannt gegeben, dass die Kindergärten in Thüringen ab Dienstag, 17. März 2020, schließen. Wir ließen L auch an dem Montag zu Hause.

Die letzten neun Wochen sind wie im Fluge vergangen. Wir hatten bisher super viele schöne Momente, denn ich habe die zusätzliche Zeit, die mir mit L geschenkt wurde, genossen. Ich bin für dieses Gefühl sehr dankbar, denn ich weiß, dass es vielen Müttern oder Eltern nicht so ergeht. 

Für mich ist viel Druck weggefallen. Ich muss morgens nicht zu einer bestimmten Uhrzeit aufstehen, mit L nicht pünktlich im Kindergarten sein, mit Prinzi, der altersbedingt während der zehnminütigen Fahrt jault und hin und wieder sein großes Geschäft verrichtet, nicht Auto fahren, mit ihm nicht auf Arbeit hetzen, mit ihm nicht zurück in den Kindergarten fahren, um L abzuholen etc.

Stattdessen konnte ich die freie Zeit nutzen und mich in den Morgenstunden, in denen ich bereits wach war und L noch schlief, meinem Fernlehrgang zum Thema Kindererziehung widmen. Ich habe auch nahezu täglich Zeit, ein kleines Sportprogramm zu absolvieren. Des Weiteren konnte ich mich endlich motivieren, fünf Kurzgeschichten zu verfassen, die auf Ls Rollenspielen basieren.

Wir haben das schöne Wetter genutzt und jeden Tag bei uns im großen Garten gespielt. Ich wusste auch vor dem 13. März 2020 bereits zu schätzen, dass wir großes Glück haben, in einem Drei-Familien-Haus mit großem Garten wohnen zu dürfen. Jetzt in der COVID-19 Zeit bin ich für diese Umstände noch dankbarer. Es fühlte sich für uns nicht so an, auf etwas verzichten zu müssen. Auch die Tatsache, dass die Spielplätze für mehrere Wochen geschlossen wurden oder wir Freunde und Familienmitglieder nur aus der Ferne sehen konnten, war anfangs nicht schlimm.

Je mehr Wochen vergingen, desto anstrengender und manchmal auch eintöniger wurde unser Aufenthalt hier zu Hause. L wechselt ihre Rollenspiele nämlich höchstens einmal wöchentlich.

Seit Mitte März arbeite ich im Home-Office. Seit April bin ich in Kurzarbeit. Während meiner Arbeitszeit (täglich zweimal anderthalb Stunden) schaut L ihre Lieblingsserien. Leider gibt es keine andere Möglichkeit, L in dieser Zeit zu beschäftigen. Mittlerweile hat sie sich daran gewöhnt und freut sich auf ihr Fernsehprogramm. Ich versuche die arbeitsfreie Zeit so intensiv wie möglich mit ihr zu verbringen und ignoriere dabei natürlich meine eigenen Bedürfnisse. Leider habe ich das Gefühl, weder der Arbeit noch dem geliebten Kind gerecht zu werden.

L und Prinz sind jedoch nicht die einzigen, die von mir betreut und bespaßt werden. Auch um M, der letztes Jahr am 29. Mai 2019 die Krebsdiagnose bekam, kümmere ich mich – jedoch leider bei weitem nicht so intensiv wie um L. Ich würde ihm gern in den schlechten Stunden mehr Zeit schenken. Dies ist allerdings nicht möglich.

Während dieser vergangenen neun Wochen hatte M bereits drei von vier Immunchemotherapie-Zyklen. Diese Therapie-Zyklen knocken ihn für mindestens eine, meist aber anderthalb bis zwei Wochen völlig aus. Aktuell beträgt sein Gewicht 42,6 kg. Der letzte Zyklus ist für den 20. Mai 2020 geplant, wir hoffen jedoch, dass wir ihn um eine Woche verschieben können. M geht es nämlich erst seit Anfang dieser Woche wieder besser. In den kurzen Zeiten, in dem es ihm gut geht, ist er meist den ganzen Tag im Arbeitszimmer verschwunden. Einmal wöchentlich bäckt er dann für L und mich Kuchen oder bekocht uns. Nach dem vierten Zyklus wird es ihm hoffentlich dauerhaft „gut“ gehen.

Kurz vor Ostern hatte L eine zweiwöchige Schlechte-Laune-Phase. Diese Zeit war sehr nervenaufreibend und anstrengend für mich. Alles, was ich tat, war falsch. Ich wurde die ganze Zeit beschimpft/kritisiert. Zum Glück ist jetzt seit vielen Wochen gute Stimmung. Das darf gerne auch die nächsten Wochen so bleiben.

Ebenso musste ich feststellen, dass M, sobald es ihm nach einem Zyklus besser ging, ebenfalls mit Kritisieren anfing. Somit wurde und werde ich in regelmäßigen Abständen von zwei Personen für alles, was passiert, verantwortlich gemacht. Das ist nicht schön und sehr kräftezehrend.

Aktuell übe ich folgende Rollen alleine aus: Mutter, Ehefrau, Hundebesitzerin, Haushälterin inkl. Einkaufen, Saubermachen und Wäsche waschen, Köchin, Arbeitnehmerin, Erzieherin, Freundin, Pflegerin, Tochter/Schwiegertochter. Leider kann ich nicht alle Rollen zu meiner vollsten Zufriedenheit ausführen. Das frustriert mich hin und wieder ebenfalls sehr.

Seit Beginn der Schließzeit halten wir mit der Erzieherin S Brief- und E-Mail-Kontakt. Wir haben bereits auch schon zwei beidseitig gestaltete A4-Seiten für Ls Portfolio in den Kindergarten geschickt. Ich bin gespannt, ob L im Juni ab und an wieder den Kindergarten besuchen kann. Ich hoffe auch, dass sie mit ihren besten Freunden Y und K in einer Gruppe sein wird. In Kürze dürften wir das erfahren.

Seit letzter Woche haben nicht nur die Spielplätze geöffnet, sondern die Mitglieder zweier Haushalte dürfen sich wieder treffen. Da es in unserer Stadt Erfurt nur etwas über 100 Fälle gibt und derzeit das Risiko, sich anzustecken, sehr gering ist, habe ich diese Lockerungen für L und mich genutzt. Denn M gehört definitiv zur Risikogruppe und darf unter keinen Umständen COVID-19 bekommen – und L und ich somit auch nicht. 

Wir haben uns bereits mit Ls bestem Kindergartenfreund Y und seiner Mama auf einem Spielplatz getroffen, ebenso kurz darauf mit einer anderen Mama und ihrem Sohn.

Auch der Kontakt zu den Großeltern ist wieder häufiger geworden. Hier muss jedoch festgehalten werden, dass die Großeltern, die stellenweise zur Risikogruppe zählen, sich nicht immer an das Kontaktverbot halten wollten und ihre Sehnsucht nach L über ihre Gesundheit stellten. Der Kontakt ist jedoch trotzdem erst wieder aufgelebt, seit die Lockerungen mitgeteilt wurden. Diese Stunden kinderfrei sind für M und mich wirklich angenehm, auch wenn wir in dieser freien Zeit meist arbeiten.

Angeregt durch andere Blogs versuche ich nun wenigstens in Kurzform unsere täglichen Erlebnisse festzuhalten. Ich beginne somit heute, dem 65. Tag unserer Zeit zu Hause.

Was heute schön war:

Wir retten die Bienen!
L und ich haben für die Bienen heute einen Teller mit Zuckerwasser hingestellt. Das haben wir in den vergangenen Wochen schon sehr oft getan. L hatte gestern und heute nämlich wieder tote Bienen entdeckt. Da war es Zeit für uns zu handeln.

Verabredung zum Grillen.
Meine Eltern haben L und mich gestern spontan zum Grillen eingeladen. Im Anschluss besuchten L und ich drei Spielplätz. Statt des Autos haben L und ich uns für einen Spaziergang mit dem Kinderwagen entschieden.

Rollschuh/Inline Skates fahren.
L und ich sind heute das erste Mal seit vielen Wochen wieder Rollschuhe beziehungsweise Inlineskates gefahren. Unser zum Haus gehörender Garten bietet dafür Platz genug.

Vertrauens-/Bindungsübung.
L hat sich heute erstmals getraut, Prinz Leckerlis aus ihrer Hand fressen zu lassen. Das war für beide ein schönes Erlebnis.

Halbmarathon.
Mein Kollege F hat heute im Erfurter Steigerwald den Rennsteig-Halbmarathon absolviert. Ich bin sehr stolz auf ihn.

Bauernhof und Tiere.
Auch diese Scheune und die Tiere waren für L lange Zeit uninteressant. Heute hatte sie spontan Lust, mit mir und den Tieren zu spielen.

Burger zum Abendessen.
M geht es seit Montag Abend wieder besser. Heute hatte er sogar Lust, ein Computerspiel zu spielen. Mit Prinz war er auch spazieren. Abends hat er für L einen Burger selbst gemacht. Ich war noch vom Grillen satt.

Katja Verfasst von: